Dienstag 15. Januar 2019
Getriebehemmung im Praxiseinsatz von Modellbahn-Triebfahrzeugen

Triebfahrzeuge für die elektrische Modelleisenbahn übertragen die Antriebskraft vom Motor über ein Getriebe auf die Radsätze. Dabei spielt die Getriebehemmung eine wichtige Rolle bei Betrieb, Wartung und Reparatur.

PIKO V60 in der DR-Ausführung: In dem H0-Modell ist links neben dem Gleichstrommotor die Schwungmasse zu erkennen, rechts auf der Motorwelle ist das Schneckenrad des Getriebes zu sehen

PIKO V60 in der DR-Ausführung: In dem H0-Modell ist links neben dem Gleichstrommotor die Schwungmasse zu erkennen, rechts auf der Motorwelle ist das Schneckenrad des Getriebes zu sehen

Getriebehemmung hat nichts mit schüchternen Zahnrädchen zu tun, wie ein witzelnder Redaktionskollege völlig zurecht feststellte. Bei praktisch jeder Lokomotive für die elektrische Modelleisenbahn sorgt ein kleiner Elektromotor für den Antrieb. Dessen Drehmoment wird über Zahnräder bzw. ein Schneckengetriebe an mindestens eine Achse und deren Radsatz übertragen. Das Getriebe ist nötig, um die Antriebskraft auf mehrere Radsätze zu übertragen. Bei einem Motor in der Mitte des Modells werden dazu oft Kardanwellen als Getriebeelement eingesetzt.

Es gibt zwar durchaus Ausnahmen von dieser Art des Antriebs, wie beispielsweise den Möller-Antrieb, der auf einer Fliehkraftkupplung basiert. Doch von solchen „Exoten“ abgesehen, können Sie davon ausgehen, dass praktisch alle modernen Triebfahrzeuge der elektrischen Modelleisenbahn über ein Getriebe mit Hemmung verfügen.

Dabei bedeutet Getriebehemmung nicht, dass eine Lok allgemein wegen verschmutztem oder defektem Getriebe schlecht oder garnicht läuft, sondern es handelt sich um eine mechanische Eigenschaft des verbauten Getriebes. Die Erläuterung des Begriffs Getriebehemmung finden Sie in diesem Beitrag unseres Modellbahn-Lexikons.

Die beim Modellbau eingesetzten Schneckenräder des Getriebes führen praktisch immer dazu, dass in dem Fahrzeug ein Getriebe mit Selbsthemmung im Einsatz ist. Das spielt in folgenden Zusammenhängen bei Betrieb, Wartung und Reparatur eine wichtige Rolle:

  • Bei der Reparatur einer Modellbahn-Lok spielt die Selbsthemmung dann eine Rolle, wenn der Modellbahner prüfen möchte, ob der Motor sich überhaupt noch dreht oder möglicherweise festsitzt. In dem Fall drehen Modellbahner, die mit den klassischen Märklin-Modellen aufgewachsen sind, oft zuerst an den angetriebenen Rädern, über die sich tatsächlich bei diesen alten Modellen der Anker des Allstrommotors drehen lässt. Doch Vorsicht! Diesen kleinen Test auf andere Loks zu übertragen, die nicht mit dem klassischen Märklin-Allstrommotor ausgestattet sind, kann bei höherer Kraftaufwendung erhebliche Schäden am Getriebe verursachen! Denn alle Triebfahrzeuge, die mit einem Schneckengetriebe ausgestattet sind, können die Drehbewegung nicht von den angetriebenen Radsätzen zurück auf den Anker des Motors übertragen. Grund hierfür ist, dass Schneckengetriebe grundsätzlich eine hohe Getriebehemmung haben. Bei zu hoher Kraftaufwendung können Zahnräder überspringen oder abbrechen, auch sind Schäden am Kardan häufige Folge solcher unüberlegten „Reparaturversuche“.
  • Ob eine Modellbahn-Lok über ein selbsthemmendes Getriebe verfügt, spielt eine Rolle, wenn Ihre Modellbahn-Anlage über Gleiswendeln oder Rampen verfügt. Denn nicht jede Modellbahn-Garnitur ist für den Einsatz auf einer Strecke mit einer Gleiswendel geeignet. Der Grund: Eine Garnitur darf nicht ungesteuert zurückrollen, wenn der Strom bei Nothalt oder Kurzschluss ausfällt. Denn das hätte ziemlich sicher Entgleisungen oder andere missliebige Betriebsereignisse zur Folge. Es hat aber nicht jede Lok eine Getriebehemmung, die einen schweren Zug in einer Gleiswendel gegen eine ungewollte Bergfahrt sichert. Bekannt ist dies z.B. von Loks mit dem Märklin C-Sinus-Motor.
  • Wer seine Modellbahn-Anlage teil- oder vollautomatisiert steuert, kann in der Software zur Anlagensteuerung meist auch die Bremscharakteristik der Triebfahrzeuge einstellen. Dadurch sind im Zeitalter digitaler Anfahr- und Bremssteuerung die Getriebehemmung und Schwungmassen theoretisch unnötig geworden. Rein praktisch ist dies jedoch keineswegs so, denn Schwungmassen sind nach wie vor ein probates Mittel, damit Triebfahrzeuge Gleisabschnitte mit schlechter Stromaufnahme (z. B. Weichenfelder) zuverlässig durchfahren. Prüfen Sie daher gegebenenfalls, wie Ihre Steuerungssoftware die Anfahr- und Bremssteuerung vornimmt, um auch an kleinen Haltepunkten perfekt an der richtigen Stelle zum Stehen zu kommen. Teils können hierzu auch negative Werte in den Fahrzeugeigenschaften voreingestellt werden, um Loks mit sehr geringer Getriebehemmung oder besonders großen Schwungmassen auf den Punkt zu stoppen.

 

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Von: Rudolf Ring
 
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