Donnerstag 19. Mai 2016
Gleiswendel

Modellbahn-Lexikon: Mit Gleiswendeln überwinden Züge größere Höhendifferenzen auf kleinem Raum

Eine einspurige Gleiswendel für die Nenngröße H0 (Maßstab 1:87, Spurweite 16,5 mm). Die Trassenbretter sind mit Gewindestangen verbunden, die eine sehr genaue Ausrichtung ermöglichen

Eine einspurige Gleiswendel für die Nenngröße H0 (Maßstab 1:87, Spurweite 16,5 mm). Die Trassenbretter sind mit Gewindestangen verbunden, die eine sehr genaue Ausrichtung ermöglichen

Eine Gleiswendel ist bei der Modellbahn eine spezielle Konstruktion, mit der größere Höhenunterschiede auf einer Anlage auf möglichst wenig Platz überwunden werden. Der Einsatz von Gleiswendeln beim Anlagenbau hat folgende Gründe und Vorteile: 

  • Eine Gleiswendel kann erheblich Platz sparen, wenn sie beim Überwinden eines größeren Höhenunterschieds anstelle einer Rampe bzw. Schräge eingesetzt wird, die ja nur wenige Prozent Neigungswinkel haben darf (ca. 3% bis 7%).
  • Gleiswendeln überwinden aber nicht nur einfach Höhenunterschiede, sie werden auch ganz praktisch benutzt, um z.B. Züge aus dem sichtbaren Bereich der Anlage in einen unsichtbaren Schattenbahnhof zu fahren.
  • Beim vorbildnahen Anlagenbau von Mittel- oder gar Hochgebirgsbahnen ist es ohne Gleiswendeln praktisch unmöglich, Züge auf eine Höhe zu bekommen, die eine in sich stimmige Darstellung der Szene ermöglicht. Die gewollten Einblicke in die Gleiswendeln des Miniatur-Wunderland Hamburg sind hierbei als Anschauungsmaterial besonders hervorzuheben.

 

Gleiswendeln können auch in einem Oval ausgeführt werden, üblich ist jedoch ein Kreis mit einem festen Radius. Die gängigste Ausführung beim Bau von Gleiswendeln sind Trassenbretter, die mittels Gewindestangen miteinander verschraubt sind.

Wenn Ihre Anlage eine Nebenbahn, Zwergbahn oder Hauptstrecke in einer Epoche des Rückbaus zeigt, wird in aller Regel eine eingleisige Gleiswendel eingesetzt. Seltener sind zwei- oder mehrgleisige Gleiswendeln im Einsatz, speziell bei der Darstellung und Steuerung von Betrieb auf Hauptstrecken sind sie jedoch eine ideale Lösung.

 

Fallen bei Planung und Betrieb von Gleiswendeln

In einen Gleisplan eine Gleiswendel zu integrieren und perfekt zu bauen, ist tatsächlich eher für fortgeschrittene Modellbahner geeignet. Es gibt eine ganze Reihe von "Fallen" bei der Planung und dem Bau: 

  • Die Länge der Gleiswendel muss auf die Länge Ihrer Zuggarnituren abgestimmt sein. Es sieht schließlich grausam aus, wenn "oben" die Lok ausfährt, während "unten" noch die letzten Waggons in die Wendel einfahren.
  • Der Steigungswinkel muss auf Ihre eingesetzten Garnituren abgestimmt werden. Je länger die Garnituren, desto geringer muss allgemein der Steigungswinkel sein.
  • Auch technisch ist nicht jede Garnitur für die Nutzung auf einer Strecke mit Gleiswendel geeignet. Garnituren dürfen nicht zurückrollen, wenn mal der Strom bei Nothalt oder Kurzschluss ausfällt. Nicht jede Lok hat (abhängig von Motortyp und Getriebe) eine Getriebehemmung, die ausreicht, einen ganzen Zug in einer Gleiswendel gegen eine ungewollte Bergfahrt zu sichern.
  • Auch bei der Stromversorgung spielt eine Gleiswendel eine Sonderrolle. Während es bei den mittleren Nenngrößen ausreicht, alle 1,5 bis 2 Meter eine Spannungseinspeisung vorzunehmen, sollte dies in einer Gleiswendel zur Sicherheit in viel kürzeren Abständen der Fall sein, um das Risiko eines ungewollten Halt zu minimieren.
  • Verschmutzte Gleise sind in der Wendel ein besonderes Problem. Nicht nur, dass sie die Stromversorgung verschlechtern, zudem reduzieren sie auch die Zugkraft des Triebfahrzeugs. Beachten Sie daher bei der Anlagenplanung, dass eine Zugangsmöglichkeit zu Reinigungszwecken sichergestellt ist, z.B. durch ein Mannloch. In der Praxis sind zwar Reinigungswaggons eine große Hilfe, aber nicht in der Lage jede Art und jeden Grad von Verschmutzungen zu beseitigen.
  • Wer eine zweigleisigige Gleiswendelt plant, muss ein besonderes Augenmerk auf die Länge der verwendeten vier- und sechsachigen Waggons oder vielleicht eingesetzten Waggons mit Sondermaßen haben. Denn der Trend zum vorbildgerechten Maßstab solcher Waggons hat sie in den letzten Jahren deutlich "verlängert". Es ist ein erheblicher Unterschied beim Berechnen eines sicheren Gleisabstands, ob z.B. bei H0 Personenwaggons mit 24 cm Länge oder mit 31 cm Länge (LüP) eingesetzt werden. Je länger der Waggon, umso mehr lenkt der Wagenkasten ein, das ist also bei der Planung schon im Gleisplan zu berücksichtigen.
  • Platzprobleme sind der alltägliche Begleiter des Modellbahners. Trotzdem gilt bei der Gleiswendel die Maxime: Setzen Sie den größtmöglichen Radius ein, "Industrieradius" ist praktisch unmöglich, auch der Standardradius eines Gleissystems setzt dem Praxisnutzen Grenzen. Nach Möglichkeit ist der erste Radius "über" dem Standardradius des verwendeten Gleissystems ideal. Oft wird bei der Beurteilung dieses Aspekts übersehen, dass die notwendige Zugkraft für das sichere Durchfahren enger Gleisbögen drastisch ansteigt, weil die Radkränze an den Innenwangen der Schienen entlangschleifen. Probieren Sie es doch einfach mal aus, indem Sie einen langen Zug erst von Hand auf einem geraden Streckenabschnitt und dann durch einen engen Gleisbogen ziehen!

 

Generell gilt also: Beim Bau einer Gleiswendel ist abhängig von den räumlichen Gegebenheiten ein maximal großer Radius die sicherste Maßnahme, um Befahrbarkeit und Betriebssicherheit zu maximieren.

Wenn Sie sich Arbeit ersparen möchten und Planung und Bau vereinfachen möchten: Der Fachhandel bietet Baukästen und vorgefertigte Lösungen für das Erstellen von Gleiswendeln für alle Nenngrößen und Spurweiten an.

Weitere Informationen: 

Von: Rudolf Ring
 
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